Ada liebt - Roman by Nicole Balschun

Ada liebt - Roman by Nicole Balschun

Autor:Nicole Balschun [Nicole Balschun]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 978-3-8321-8552-7
Herausgeber: DuMont Buchverlag


19

Vor drei Wochen hatte Bo den Hörer aufgelegt und seitdem war es still in meinem Leben, nur die Züge rauschten an meinem Fenster vorbei, die bremsten und anfuhren und Bo nicht brachten. Der Herbst schlug mit seinen kahlen Ästen nass an meine Fensterscheibe, ansonsten klopfte niemand.

In meiner Ruhe nahm ich mein altes Leben wieder auf, mein Leben vor Bo, denn seit es Bo gab, hatte sich mein Leben in zwei Hälften geteilt, ein Leben vor Bo und eines danach. An das Leben vor Bo erinnerte ich mich kaum, und das Leben danach war der Rede nicht wert. Irgendwann einmal gab es auch ein Leben mit Bo, aber das zählte nicht mehr, und es war kurz und es war vorbei.

Der Alltag war wiedergekehrt, mit ihm die Gesichtsfarbe und ein paar zusätzliche Kilos, die ich mir nicht erklären konnte, denn ich aß fast nichts, ich fühlte mich gut, denn ich brauchte ja niemanden. Meine Tage verliefen in festen Strukturen und ich sah kein Schwein und keine Kuh und mir fehlte nichts.

Nur manchmal sah ich Bo irgendwo stehen, und dann ging ich schnell weiter, denn ich wusste, dass er es nicht war, und ich fühlte mein Herz, und es war besser, wenn man es nicht fühlte. Fühlst du dein Herz, Ada, hatte mich meine Mutter so oft gefragt, und ich hatte es nie gefühlt, und jetzt fragte ich mich, warum ihr dieser Schmerz so wichtig war.

Die Tage krochen farblos dahin. Ich saß in der Uni bei Wolff, am Mittag ging ich wieder in das Café, wo die Kellnerin sagte, wie immer, und am Abend schloss ich die Tür auf, die mich in mein stilles Zuhause spuckte.

Ich hatte Einkäufe erledigt auf dem Rückweg und dachte über Wolff nach, der heute seine ersten Kapitel eingereicht hatte. Ich musste jetzt auch mal loslegen, und ich fragte mich, was ich denn machte den ganzen Tag. Ich haute in die Tasten wie Wolff und saß den ganzen Tag an meinem Schreibtisch oder in der Bibliothek und alles war anders geworden und voran ging gar nichts.

Die Bücher, ihr Geruch, das sanfte Rascheln beim Umblättern des Papiers, es knisterte nichts mehr unter meinen Händen und mein Herz sprang nicht, weil ein Buch gut war, und auch die klugen Gedanken, die ich einst in Marmeladegläsern einmachen wollte, waren mir irgendwie aus dem Kopf gefallen.

Nach dem Sommer mit Bo war es überraschend schnell Herbst geworden, die Menschen klagten über wetterbedingte Depressionen und ich stimmte ein in ihren Gesang, und als um fünf Uhr der Himmel erneut seine Wolken aufriss und es aus Eimern schüttete, fielen mir die kleinen Gummistiefel neben Bos großen ein. Für einen kurzen Moment dachte ich, dass ich doch einen Teil von Bo hier in der Stadt brauchen könnte, und dann ging ich in ein Schuhgeschäft und kaufte mir neue Gummistiefel, die schöner waren und glänzten, und ich zog sie gleich an.

Der Wind wehte kalt, ich stieß mit dem Fuß die schwere Haustür auf und öffnete mechanisch den Briefkasten. Zwei Rechnungen waren drin und auch eine Mahnung von der



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